mit Arbeiten von Anna-Maria Kursawe, Jean Baptiste Monnin, Alexandra Schlund & Elgin
Willigerodt
Michael Kruscha - Künstlerischer Leiter
Im Dialog mit der architektonischen Rahmung der Rathaus-Galerie werden acht künstlerische Positionen gezeigt, die verschiedene Konzepte von Raum in den Blick nehmen. Das verbindende Element der ausgestellten Arbeiten ist die Architektur, entweder als prägendes Element des urbanen Raumes, als Grundlage für konstruktive Kompositionen oder auch als Ausdruck gesellschaftlicher und politischer Zustände.
Juliane Duda
Anna-Maria Kursawe
Jean-Baptiste Monnin
Thomas Ravens
Alexandra Schlund
Antje Taubert
Benedikt Terwiel
Elgin Willigerodt
Elgin Willigerodt lebt und arbeitet als Künstlerin in Berlin. Ihre Skulpturen sind filigran,
abstrakt und haben den Menschen als Maßstab. Die Konzentration auf die reine Form
ist für sie auch ein Ordnen von Gedanken, besser noch: ein Begrenzen, Verdichten
des Diffusen, Dahintreibenden und Unsortierten.
In ihrer Installation Wächter überlagert sie die erzählerische Nachtperspektive des
Zoologischen Garten mit leuchtend farbigen Skulpturen aus Metall, Plexiglas und
glänzend bemalter Kappa-Platte. Die „Wächter“ treten mit den Lichtspiegelungen der
Umgebung in Dialog und fungieren als abstrakte Mischwesen, die uns fraglos in
andere Lebenswelten führen.
Text: Isolde Nagel
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„Die Linie ahmt das Sichtbare nicht nach, sondern macht sichtbar.“ (Paul Klee)
Konzentration auf die reine Form ist immer auch ein Ordnen von Gedanken, besser noch: Begrenzen, Verdichten des Diffusen, Herumtreibenden, Unsortierten. Die Kunst des einfach Konkreten ist daher
weniger Schaffen von Ordnung als ein Ausschließen von Störung, keine Weltflucht, sondern Entwurf einer gestalteten, schöpferischen Welt – und sei es im Kleinsten.
Alles Konkrete kann als Seismograph gelesen werden, die Akzeptanz reduzierter, auf Form und Funktion der Vernunft geeichter Einstellungen zu prüfen oder in ihrem Wert für eine zweckmäßig
gestaltete Welt zu erkennen. Vielleicht ist unsere Bereitschaft, das Nicht-Erzählerische als Maßstab und Appell zur Selbstprüfung zu begreifen, überhaupt ein viel wichtigeres Thema als alle sonst
den Alltag bestimmenden Urteile und widerstreitenden Meinungen.
Beide Künstlerinnen, Ines Doleschal und Elgin Willigerodt, arbeiten mit puren abstrakten geometrischen Elementen, mit Mitteln, aus denen Architektur entsteht. Pure perspektivische räumliche Struktur, einmal gemalt oder kollagiert, einmal gebaut; Linien, die den Raum organisieren, die zu Flächen werden und zu Raumkörpern, die wiederum aufbrechen.
Ines Doleschal erfindet, von existierenden modernen Architekturen inspiriert, eigene komplexe "Raumbilder", Elgin Willigerodt treibt mit "Prototypen" eher Grundlagenforschung zum Thema Raum.
Für Ines Doleschal, ausgebildet in London, Münster und Berlin, ist die Innenraumgestaltung der Bauhaus-Architektur Ausgangspunkt und Referenz für eigene räumliche Kompositionen auf Papier. In ihrer Serie Hommage an HS geht sie den Projekten der Werkstatt für Wandmalerei am Bauhaus Dessau nach. Frei erfundene architektonische Formen zeigen teils überraschende Farbkompositionen, die in Anlehnung an die Farbpläne der Werkstatt des Meisters Hinnerk Scheper („HS“) und in eigener Anschauung der Bauhaus-Innenräume in Dessau entstanden sind. Auch in der Serie Collages miniatures, für die sie bemalte Papiere und ihre Architektur-Fotografien zu kleinen Intarsien kombiniert, ist die Farbigkeit ungewöhnlich differenziert, sind die räumlichen Strukturen vor allem Träger einer intensiven und sensiblen Chromatik. Auch im großen Format auf leinwand setzt sie Fläche gegen Raum und schafft in perspektivischen Fluchten eine Sogwirkung, die von farbigen Kontrasten unterstütz wird.
In Elgin Willigerodts plastischen Arbeiten wird die Linie zum zentralen Thema, die Linie als Begrenzung und Strukturierung im Raum. Freiheit bedingt Eingrenzung, Eingrenzung bedingt Freiheit.
Die alten Griechen sahen Figuren in die vielen leuchtenden Sternpunkte am nächtlichen Himmelszelt, sie zogen imaginäre Linien zwischen den einzelnen Punkten und projizierten so ihre ganze Mythenwelt in Form von Sternzeichen an den Himmel. Gibt es eine räumliche Darstellung eines Sternbilds und wie würde so ein Modell aussehen?
Elgin Willigerodt läßt filigrane Konstruktionen aus farbig bemalten Holz- oder Eisenlatten entstehen, die auf den ersten Blick eine klare, mit Auge und Verstand rasch erfassbare Geometrie aufweisen, eine Art dreidimensionale zellen. Auf den zweiten Blick werden die Formen, auch aufgrund ihrer starken Farbigkeit und Asymmetrie, lebendig, geraten – nicht nur visuell - in Bewegung. Scheinbar statische Plastiken wie Ragtime (2013) wiederum sind so „handgerecht“ und elastisch gebaut, dass sie bei musischen und tänzerischen Interaktionen (dokumentiert im Film „Alternate Exterior Angles of Constant Departure“ von Lucia Gerhardt, Skulpturen: Elgin Willigerodt) aus dem (Still-)Stand in die Bewegung geführt werden.
Die ansonsten meist entworfenen eckigen Winkel und geraden Linien weichen in der Plastik "Poppy Spots" einer fließend, runde Formen beschreibenden Linie, in die sich Kreise aus transparent-farbigen Acrylglas einfügen.